Bericht in der RBB Abendschau am 08.11.2008

Für den ganz großen Klang gab's in Berlin vor rund 100 Jahren viele viele gute Adressen: Rund 300 Firmen haben damals in der Stadt Klaviere und Flügel gebaut! Heute sind es noch genau: Null. Die Bechsteins und Co produzieren inzwischen alle woanders. Geblieben sind kleine Werkstätten, die Einzelstücke fertigen. In einer davon, im Prenzlauer Berg, träumen zwei Klavierbaumeister davon, in Berlin bald wieder eine richtige Produktion zu starten. Aber erstmal haben die beiden heute das 15-jährige Jubiläum ihrer Werkstatt gefeiert.

Wenn sich Christophorus Goecke ans Cembalo setzt, dann meistens nicht zum Spielen. Der Klavierbaumeister verändert den Cembaloklang, indem er dem Instrument mit dem Skalpell zu Leibe rückt. Seit seiner Kindheit ist er vernarrt in Klaviere. "Meine Spielsachen waren unter dem Flügel, und ich habe mich da gerne versteckt und da gespielt. Und mein Vater hat halt selbst gespielt, und später hab ich dann auch gespielt, und dann war aber die Leidenschaft zur Musik war schon groß, aber das handwerkliche Interesse war halt auch sehr groß."

Seit 15 Jahren ist er selbständig, verkauft seine Klaviere und Flügel auch nach Tokio und Südamerika - Preise bis 150.000 Euro. Den Gästen gewährte er heute Einblick: 220 Kilo Gusseisen schweben hier durch die Werkstatt, das schwerste Stück vom Flügel. "Die Gussplatte die ist notwendig, um die hohen Saitenzugkräfte in dem Flügel aufzunehmen, weil die Holzkonstruktion alleine würde das nicht schaffen."

Die Meisterwerkstatt floriert. Zusammen mit Bernhard Farenholtz betreut er 1.500 Kunden allein in Berlin. Und heute kamen gleich noch ein paar Weitere dazu: Ein Reinickendorfer beim etwas anderen Samstags-Shopping. Er gönnte sich einen Flügel. "Jetzt in der Finanzkrise ist es vielleicht auch gut, sich denn einfach mal noch mal einen Wert hinzustellen. Wer weiß, wofür das Geld noch mal gut ist."

Früher arbeiteten beide Chefs beim weltberühmten Betrieb Bechstein. Heute knüpfen sie an die fast verschollene Tradition des Klavierbaus an, denn in Berlin werden kaum noch Klaviere produziert - eine Klavierfabrik gibt's schon lange nicht mehr. Christophorus Goeckes Lieblingsidee: Die eigene Marke. "Es gibt auch den Traum, Klaviere zu bauen. Also dieser Traum der ist immer in unserem Hinterkopf auch präsent. Wenn sich uns die Möglichkeit sich da eröffnet, dass wir doch auch in Berlin den Klavierbau noch stärker beleben und auch mal wieder neue Klaviere bauen. Also das ist schon ein Traum von uns."

Bis dahin bleibt es bei Einzelarbeiten, und bei der Reparatur und Restaurierung. Zusammen mit 8 Mitarbeitern macht er auch aus dem ältesten Klimperkasten klanglich wie optisch wieder ein Glanzstück. Ein Handwerk für Menschen mit Geduld und hohem Anspruch an sich selbst. Mindestens akribisch sollte man sein, mit einem Hang zur Perfektion. Für ihn ist deshalb ein Flügel nie wirklich fertig. "Ein Instrument muss nachher, wenn es hier aus der Werkstatt rausgeht, das muss so gut sein, dass ich es eigentlich nur schweren Herzens abgebe. Also und da hängt dann halt das ganze Herzblut drin, und entsprechend ist da auch immer eine intensive Verbindung da."

Zwischen dem Geruch von Holz und Leim dann Kunst und Können der Kleinen. Die Musikschule Köpenick gab im Werkstattkonzert ihr Bestes. Christophorus Goecken und Bernhard Farenholtz besonders aufmerkam, denn hier greifen heute ihre Kunden von morgen in die Tasten.