Aufnahme von Bachs Goldberg-Variationen auf einem Bösendorfer CEUS Flügel 290
Wem gehören eigentlich die Goldberg-Variationen? Allen, sollte man eigentlich meinen. So wie alle anderen
klassischen Meisterwerke der Musik auch. Schließlich handelt es sich doch um kulturelles Allgemeingut.
Ganz so einfach ist es aber nicht. Für eine CD mit einer Aufnahme muss man schließlich Geld bezahlen.
Und dasselbe gilt für eine Partitur. Und selbst dann, wenn man Aufnahme und Partitur gekauft hat,
gibt es noch Einschränkungen. Noten dürfen nicht kopiert werden, und auch die Aufnahme unterliegt strengem
Verwertungsschutz. Man darf sie weder ohne Weiteres öffentlich wiedergeben noch sie für eine eigene Bearbeitung
benutzen.
Für den Programmierer und Internet-Spezialisten Robert Douglass ist das ein unhaltbarer Zustand.
"In Zeiten des Internets hat man einfach die Erwartung, dass die kulturellen Gemeingüter, die uns allen gehören,
frei verfügbar sind." Deshalb haben Robert Douglass und seine Frau, die Pianistin Kimiko Ishizaka,
ein ganz besonderes Projekt ins Leben gerufen: "Open Goldberg Variations - Setting Bach free".
Die Idee: Eine völlig gemeinfreie Aufnahme und eine Partitur des Werks, die von jedem kostenlos heruntergeladen,
verwendet und bearbeitet werden können. Kimiko Ishizaka, die international als Solistin konzertiert,
hat die Goldberg-Variationen im Teldex-Studio in Berlin eingespielt und verzichtet dabei auf jegliches Urheberrecht.
Für sie geht damit auch ein Traum in Erfüllung. "Die Goldberg-Variationen sind schon seit vielen Jahren mein
absolutes Lieblingswerk. Ich fühle eine ganz besondere Beziehung dazu, einfach auch aus musikalischem Grund.
Ich habe mir so sehr gewünscht, dass ich die mal aufnehmen kann."
Für die Aufnahmen stellte die Flügelmanufaktur Bösendorfer in Wien
eigens einen Konzertflügel "Imperial" zur Verfügung, der mit dem genialen
CEUS-Reproduktionssystem ausgestattet ist. Dieses großartige Instrument wurde vor und während der Aufnahmen
umfassend von Goecke und Farenholtz technisch und tonlich betreut. Das CEUS-System (Create Emotions with Unique Sound) erfasst und speichert
während des Klavierspiels mittels Laser-Sensoren sämtliche Tasten-, Hammerkopf- und Pedalbewegungen mit einer
Genauigkeit von 3.000 Schritten pro Millisekunde, und zwar nicht nur beim Herunterdrücken, sondern auch beim
Loslassen. Die gespeicherten Daten können direkt nach dem Spielen oder später von dem Flügel absolut authentisch
wiedergegeben werden. Wie das klingt und funktioniert, zeigt Ihnen das Maskottchen der Pianistin
Kimiko Ishizaka:
Die Partitur wird von Musescore veröffentlicht, einem kostenlosen, im internet erhältlichen Notensatzprogramm,
mit dem man die Noten nicht nur lesen und ausdrucken, sondern auch eigene Anmerkungen wie z.B. Fingersätze
eintragen kann. Bevor die Partitur endgültig veröffentlicht wird, können alle Interessierten die Noten Korrektur
lesen und Verbesserungsvorschläge machen. Denn: Eine Partitur herzustellen ist viel mehr als nur die Noten
aufzuschreiben oder die Länge der Takte. Die Abstände der Noten zu ändern oder die Gestaltung des Deckblatts und
vieles mehr wird bei jeder Ausgabe neu durchdacht.
Es ist vor allem die Idee, die hinter dem Projekt steht, von der die zahlreichen Spender so begeistert sind, die
dieses Projekt erst ermöglichten. "Das ist auch richtig. Das Internet hat ein neues Zeitalter erzeugt, wo Leute
zusammenarbeiten können, um Sachen zu kreieren. Die Lizenzierungen für die Gemeingüterwerke, die gemacht werden,
sind am besten freie Lizenzen, Open-Source-Lizenzen. Ich hab seit 10 Jahren an open-Source-Software gearbeitet
und das hat bewiesen, dass viele Leute ein sehr wertvolles Werk machen können, zusammen durchs Internet, und dass
alle Menschen davon profitieren können," so Robert Douglass.
Um sicherzustellen, dass Aufnahme und Partitur ohne Beschränkungen zugänglich sind, wird beides unter der
kreative-Common-Zero-Lizenz veröffentlicht. Das heißt, sie sind komplett urheberrechtsfrei. Das bedeutet aber auch:
Jeder darf die Aufnahme für alles verwenden, zum Beispiel für Werbung. Und jeder darf sie bearbeiten, remixen
oder in einen Pop-Song einbauen. Robert Douglass und Kimiko Ishizaka sehen das aber keineswegs als Nachteil.
"Total erwünscht! Ich weiß definitiv, dass meine Firma, in der ich arbeite, sich freut, weil sie die
Goldberg-Variationen auf das Telefon-System überspielen möchten."
"Außerdem ist die Verwendung von klassischen Musikstücken in der Popmusik in der Art, dass dem klassischen
Musiker oft die Haare zu Berge stehen, ja schon gang und gebe, auch wenn es nicht unlizenziert ist.
Ich denke, das könnte sowieso kommen."
Weder Kimiko Ishizaka noch Robert Douglass verdienen an diesem Projekt. Ganz ohne Nutzen bleibt es für sie
aber nicht. "Wir machen das aus Freude und weil wir sehr engagiert sind, und auch, weil wir die Hoffnung haben:
Wenn man die Aufnahme von Kimiko Ishizaka hört und wenn die gut ist, dann möchte man Kimiko vielleicht später
auch im Konzert hören oder ihre CDs kaufen."
Vor allem aber hat das Projekt Open Goldberg Variations Modellcharakter. Noch nie ist in diesem Umfang und in
dieser Qualität ein Stück klassischer Musik frei zugänglich gemacht worden. An erster Stelle steht deshalb
für die Initiatoren, das Projekt möglichst bekannt zu machen. Und einen Anstoß zu weiteren Projekten dieser Art
zu geben. "Das ist eigentlich das Ziel: Dass die Aufnahme so stark wie möglich verbreitet wird. Die vollständige
Bearbeitung aller Public-Domain-Werke - das ist riesig. Die Hoffnung, dass wir diese Werke auch frei machen können,
das ist ein Traum, ein schöner Traum, aber das wird einer großen Menge Arbeit entsprechen."