Vortrag und Konzert am 13.05.2009
Im Berliner Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte spielte der bekannte Pianist
Tomas Bächli im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Physiologie des Klaviers" zwei Stücke
des Schweizer Komponisten Edu Haubensak in dessen Anwesenheit an zwei speziell dafür gestimmten
Bösendorfer-Flügeln.
Für den Konzertabend lieferte Goecke und Farenholtz einen Bösendorfer-Flügel, der zuvor nach
Vorgabe des Komponisten eine Spezial-Stimmung erhalten hatte. Diese Stimmung für das Stück
"Suite" zeichnete sich dadurch aus, dass die Halbtöne innerhalb einer Quinte sehr unterschiedliche
Abstände aufwiesen. Dadurch wurden zahlreiche Drittel- und Vierteltöne hörbar, aber auch interessante
Klänge wie die natürliche Septime waren wahrzunehmen. Die Oktaven waren nicht rein; Priorität hatten
die Quinten, die "normal" temperiert gestimmt wurden.
Der zweite Bösendorfer-Flügel, der im Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte für solche
Konzertaufführungen zur Verfügung steht, erhielt ebenfalls eine Spezial-Stimmung, jedoch eine
völlig andere, für das Stück "Halo". Hier wurden alle 3 Saiten eines jeden Tones unterschiedlich
gestimmt, und zwar die linke Saite 1 2/3 Halbtöne tiefer, die mittlere "normal" und die rechte
Saite 1 2/3 Halbtöne höher. Dadurch war mit jeweils einer Taste ein völlig ungewohnter Dreiklang
hör- und spielbar.
Der Abend begann mit einem Vortrag von Professor Wolfgang Auhagen, der über die "Geschichte und
Grundfragen der Stimmung für Tasteninstrumente" referierte. Herr Prof. Auhagen machte anhand von zahlreichen
Hörbeispielen sehr gut deutlich, warum es nötig war und ist, Tasteninstrumente zu "temperieren"
und welche unterschiedlichen Klangergebnisse schon vor über 300 Jahren mit verschiedenen "Temperaturen"
erzielt wurden.
Nach der Pause brachte der Pianist Tomas Bächli die beiden Stücke "Suite" und "Halo" des Schweizer
Komponisten Edu Haubensak zu Gehör, jeweils an den dafür besonders
gestimmten Bösendorfer-Flügeln. Dies erforderte von den zahlreichen Zuhörern eine ganz neue Art des Hörens,
denn unsere an "mathematische" Musik mit 12 gleichen Halbtönen gewöhnten Ohren wurden durch die Viertel-, Drittel-
und Sechsteltöne der Musik Haubensaks gründlich durcheinander gebracht.
Anschließend an die Aufführung der beiden Haubensak-Stücke gab es eine offene Diskussionsrunde,
in der das Publikum Fragen an den Komponisten, den Interpreten und den Referenten stellen konnte.
Danach erläutere Klavierbaumeister Bernhard Farenholtz noch einige Fragen zur technischen Umsetzung der beiden
Stimmungen.
Moderiert wurde der Abend von Frau Dr. Julia Kursell, die als Vertreterin des Max-Planck-Instituts am Schluss noch
zu einem geselligen Glas Wein einlud.